Die Piratenpartei Winterthur kandidiert mit Gemeinderat Marc Wäckerlin für den Stadtrat. Wir wollen die liberalen, humanistischen und progressiven Werte der Piratenpartei in den Stadtrat tragen:
Es braucht mehr Transparenz, mehr Ehrlichkeit und Offenheit gegenüber der Bevölkerung, der gegenüber wir als Politiker in allererster Linie verpflichtet sind. Der Staat muss seine Karten offen legen.
Dafür soll die Stadt mehr Vertrauen in die Bevölkerung haben. Winterthur ist die sicherste Grossstadt der Schweiz, unsere Bevölkerung hat es nicht verdient, dass sie unter Generalverdacht gestellt wird und man die Videüberwachung unkontrolliert ausbaut. Wir Piraten sind nicht bereit, Freiheit für übertriebene Sicherheit zu opfern.
Sicherheit bedeutet vielmehr auch Datenschutz, Schutz vor staatlichem Eingriff, Schutz vor Willkür, Schutz vor Spionage und Überwachung. Mehrere Fichenaffären in der Schweiz, sowie die Geheimdienstübergriffe PRISM (NSA) und TEMPORA (GCHQ) mit direktem Zugrif auf die Daten der Bürger bei Apple, Google, Microsoft u.v.a. zeigen, wie wichtig dies heute geworden ist.
Die Stadt soll die Bevölkerung mehr in ihre Entscheidungen einbeziehen, Foren schaffen, im Internet, wie auch auf der Strasse, wo die Regierung der Bevölkerung zuhört.
Die Bürger brauchen wieder mehr Freiheit, mehr Eigenverantwortung, mehr Spielraum. Die Stadt und die Verwaltung sollen zu Gunsten der Bürger Macht abgeben und ihre Kontrolle abbauen. Ich vertraue darauf, dass unsere Bürger klug sind, ihre Interessen selbst zu vertreten.
Die Informatik der Stadt hinkt der Entwicklung um zehn bis zwanzig Jahre hinterher. Sie arbeitet noch immer mit Dokumenten, Drucker und Papier. Sie hat die Vorteile von gemeinsam mit anderen Städten entwickelten offenen und freien Lösungen nicht verstanden. Hierfür wäre es ein grosser Vorteil, jemanden mit Informatikkentnissen in den Stadtrat zu wählen. Die Bürger sollen all ihre Geschäfte einfach und intuitiv von zuhause aus erledigen können, von der Anmeldung über eine Parkbewilligung, bis hin zur Baueingabe für ein Hochhaus. Es soll kein Papier und kein Gang aufs Amt mehr brauchen. Hier sind schrittweise enorme Effiziensteigerungen bei kleinen Investitionen möglich.
Die Schulen müssen verbessert werden, wir dürfen Kindern nicht den Spass am Lernen verderben, sondern müssen sie gezielt fördern, und zwar sowohl die lernschwachen, wie auch die besonders lernfähigen Kinder. Jedes Kind hat das Recht, sein Potential so gut wie möglich auszuschöpfen.
Wir müssen die Weiterbildung fördern und Menschen, die durch die Maschen fallen wieder stärken, dass sie wieder auf eigenen Beinen stehen. Nur so können wir die Stadtkasse vor ausufernden Sozialkosten retten.
Damit die Stadt den Bürgern etwas bieten kann, dass die sozial sein kann, dass sie attraktiv ist, auch für die Mittelschicht, müssen vor allem die Finanzen wieder unter Kontrolle gebracht werden. Winterthur braucht keine Steuererhöhung, sie braucht Effizienz, Ausgabendisziplin, Kostenbewusstsein, ohne dabei ihre Aufgaben zu vernachlässigen. Vielmehr will ich die Stadt dahin bringen, dass wir in wenigen Jahren über Steuersenkungen debattieren können, denn Winterthur soll auch steuerlich wieder attraktiv werden, das ist nachhaltiger und gesünder, als sich selbst zur Steuerhölle zu machen.
Nach fast vier Jahren im Gemeinderat mit vielen interessanten und schönen Erfahrungen kandidiere ich nun für den Stadtrat von Winterthur. Es mag sein, dass die Chancen, als Pirat in den Stadtrat gewählt zu werden, klein eingeschätzt werden, aber sie sind durchaus realistisch. Gerade jetzt, wo die Stadt am Hungertuch nagt und beim Kanton auf Betteltour geht, braucht es eine Erneuerung, es braucht neue Köpfe mit völlig neuen Ideen. Da kommen die Piraten genau zur rechten Zeit: Wir bringen Werte zurück, die ebenso neu wie auch alt sind, wir glauben an die Zukunft, wir vertrauen in die Menschen, wir bauen auf die Vernunft, wir setzen auf Fortschritt und wir stehen für ungebändigte Freiheit mit Solidarität und Verantwortungsbewusstsein.
Wahlprogramm
Als Stadtratskandidat mache ich keine Versprechen, die ich nicht einhalten kann, nur das: Ich werde mich vehement einsetzen für mehr Transparenz, offene, ehrliche und klare Information, für eine engere Zusammenarbeit des Stadtrats mit dem Gemeinderat, für Konsenslösungen, für den engen Einbezug der Bevölkerung, wo immer das möglich ist, ich werde alles tun, um die notwendigen Steuer- und Überwachungsinstrumente zu schaffen, damit die Stadt ihre Finanzen wieder unter Kontrolle bekommt, ich werde mich für nachhaltige und pragmatische Lösungen einsetzen und gegen weitere Prestigeprojekte antreten, ich werde mich dafür einsetzen, dass sich die Stadt wieder mehr um ihre eigenen Probleme und ihre Kernaufgaben kümmert, anstatt ihren Bürgern Steine in den Weg zu legen und dafür noch die Steuern zu erhöhen, es soll wieder mehr Eigeninitiative geben. Die Stadt soll sich von unrentablen Immobilien und Geschäftszweigen trennen, wenn diese nicht strategisch relevant sind, die Stadt soll sich nicht um Wohnungsbau kümmern, sondern um die Infrasturuktur, dass der Wohnungsmarkt florieren kann. Baubewilligungen sollen erleichtert, das Amt für Städtebau gestutzt werden. Das Wachstum der Stadt muss so gesteuert werden, dass es verdaut werden kann. Geplante Projekte sind aufzugliedern nach ihrer Notwendigkeit und Dringlichkeit. Die Umsetzung hat so bescheiden und kostengünstig wie nur möglich zu erfolgen. In erster Linie muss die Effizienz innerhalb der Verwaltung gesteigert werden. Doppelspurigkeiten, unnötige und ineffiziente Abläufe sollen aufgespürt und beseitigt werden. Es braucht eine klare Einordnung der Tätigkeiten der Verwaltung in Prioritäten, wie gesetzlich Notwendiges, Nützliches, oder Entbehrliches. Was die Stadt historisch gewachsen an Pflichten und Aufgaben übernommen hat, muss Stück für Stück überprüft werden.
Als Stadtrat würde ich andere Prioritäten setzen. Vielen Stadträten scheint es vor allem um Machterhalt zu gehen, um das Pflegen des eigenen Gärtchens, das Durchsetzen eines Parteiprogramms. Es ist aber in erster Linie die Aufgabe des Grossen Gemeinderats, die politischen Positionen seiner Wähler zu vertreten. Aufgabe des Stadtrats ist es hingegen, die Interessen aller Bürger zu vertreten und die verschiedenen Parteiinteressen durch ausgewogene, durchdachte Lösungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Als Gemeinderat arbeitet man für seine Partei, für seine Wähler. Als Stadtrat hingegen muss man über der eigenen Partei stehen und den Blick auf die besten Lösungen für alle richten. Die eigene Partei, ja sogar die eigene Person muss in den Hintergrund treten. Zwar hat auch ein Stadtrat hat einen ideologischen Hintergrund, den er bei seinem Lösungsansatz einfliessen lassen wird, aber es sollte der Hintergrund bleiben, in den Vordergrund gehört die Lösung. Ich stehe für humanistische, liberale und progressive Lösungen.
Herausforderungen
Der Stadtrat ist der gewählte Vertreter des Volkes und muss die Anliegen der Bevölkerung über ihre Vertretung im Gemeinderat in der Verwaltung durchsetzen. Die aktuelle Konstellation erweckt aber leider nur allzu oft den Eindruck, der Stadtrat werde durch die Verwaltung gesteuert und nicht umgekehrt. Entsprechend aufgebläht ist der Verwaltungsapparat in manchen Departementen. Ein Blick auf die parlamentarischen Zielvorgaben in den Budgets zeigt, wie unklar der Auftrag an viele Produkte ist. Welcher unbedarfte, neutrale Mensch würde die Anzahl gedruckter Broschüren oder die Anzahl Besucher einer Internetseite als Zielvorgabe eines Produktes vorgeben? Beispiel «Umwelt- und Gesundheitsschutz», S. 166 in der Globalrechnung 2012:
Viel mehr würde man einen Indikator wählen, der ein übergeordnetes Ziel definiert, z.B. im Umweltbereich die minimale Anzahl städtischer Gebäude in sparsamem Minergie-P Standard. Oder im Gesundheitsbereich die maximale Anzahl Alkoholleichen, welche durch Sanität und Polizei aufgesammelt werden muss. Ob das dann durch Plakate, Internetseiten, Broschüren, Beratungen oder Suchtbehandlungen geschieht, ist eine Frage der Umsetzung, nicht der Zielvorgabe, wäre somit nicht die Aufgabe des Parlaments zu entscheiden, sondern die des zuständigen Stadtrats. Das Parlament sollte sinnvolle Ziele definieren und dafür ein Budget sprechen. Diese Aufgabenteilung wird aber nicht sauber wahrgenommen. Anstatt sich um die Ziele zu kümmern, entscheidet das Parlament über Details der Umsetzung, von denen es nicht beurteilen kann, wie sinnvoll diese sind. Also folgt das Parlament widerstandslos den Vorgaben von Verwaltung und Stadtrat. Nur hat der Stadtrat das Steuer mittlerweile selbst nicht mehr im Griff, wie eine Karrikatur von Ruedi Widmer im Landboten treffend auf den Punkt bringt:
Es ist nun zwingend notwendig, die bestehenden Steuerungsmechanismen zu überarbeiten, z.B. die Indikatoren anzupassen, sowie neue Mechanismen zu schaffen, um die Stadt wieder flott zu kriegen.
Die Kommunikation des Stadtrat erscheint auf den ersten Blick chaotisch, auf den zweiten Blick politisch berechnend, aber nicht offen und ehrlich. Als Pirat steht für mich Transparenz im Vordergrund: Die Bürger verdienen eine klare, vollständige und ehrliche Kommunikation. Probleme sind rechtzeitig und vollständig zu benennen. Salamitaktik lehne ich ab. Wenn es Probleme gibt, soll man diese möglichst rasch benennen, genau analysieren und dann nach langfristigen Lösungen suchen. Stattdessen präsentiert der Stadtrat die Resultate seiner Fehlplanungen gern häppchenweise, z.B. das Defizit für 2014 wurde im IAFP im Dezember 2012 mit 35 Millionen Franken ausgewiesen. Allerdings hatte der IAFP in der Vergangenheit keine praktische Bedeutung, da er sich jedesmal auf Null reduzierte. Bereits am 1. März 2013 verkündete der Stadtrat unerwartete gebundene Ausgaben für 2012 in der Höhe von 15.1 Millionen Franken. Da wundert es zum Einen, dass gebundene Ausgaben für 2012 erst 2013 kommuniziert werden, entweder hat der Stadtrat seine Ausgaben derart nicht im Griff, dass er dies nicht früher wusste, oder es war wieder gezielte Kommunikationsverzögerung. Jedenfalls war mir spätestens zu diesem Zeitpunkt klar, dass sich das Defizit von 35 Millionen um mindestens 15 Millionen erhöhen wird, was ich in einem Beitrag an den Stadtanzeiger schrieb, der am selben 26.03.2013 erschien, an dem der Stadtrat endlich sein Defizit von 55 Millionen kommunizierte. Die in meinem Beitrag geforderte Transparenz und enge Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat lassen weiter auf sich warten; der Stadtrat hat nichts dazugelernt. Auch die Erhöhung des Defizits auf 62 Millionen muss dem Stadtrat schon längstens bekannt gewesen sein, denn sonst hätte er es nicht in der zweiten Sparrunde berücksichtigen können, trotzdem hat er es erst am 22. August 2013 kommuniziert, zusammen mit seinen Sparvorschlägen und der Ankündigung einer Steuererhöhung (die allerdings erst noch vom Parlament beschlossen werden müsste). Der Stadtrat schafft immer wieder gezielt Fakten und kommuniziert erst danach, wenn er alles beisammen und in seinem Sinn eingespurt hat und es für Alternativen bereits zu spät ist. Hier nochmals die Chronologie der Kommunikation im Budgetdefizit 2014:
In der letzten Gesamterneuerungswahl vor vier Jahren hat der Stadtrat die Mehrheit im Gemeinderat verloren. In der Zwischenzeit leider auch sein Vertrauen, wegen den oben genannten Problemen, aber auch durch Fehlplanungen und Fehleinschätzung wie die Pensionskasse, Ocean Breeze oder Biorender. Auch bei der letzten Ersatzwahl hat sich an der Parteienzusammensetzung nichts geändert, es sind noch immer dieselben Parteien im selben Verhältnis und mit derselben Mehrheit an der Macht, wie sie uns in die Probleme geritten haben. Würde das Parlament die Regierung wählen, wie beim Bundesrat, es hätte der Regierung bereits das Vertrauen entzogen. In Winterthur obliegt diese Aufgabe dem Volk, und im Februar hat es die Gelegenheit dazu.
Daher bin ich überzeugt, es braucht eine radikale Veränderung im Stadtrat, eine komplett neue Generation, welche ungehemmt und unvoreingenommen die Probleme angeht, gründlich aufräumt, eine offene Kommunikation betreibt, die Zusammenarbeit mit dem Parlament verbessert und neue Steuermechanismen schafft, welche uns allen die Kontrolle über unsere Stadt wieder zurück geben. Der Stadtrat muss das Volk und den Gemeinderat in die Suche nach Lösungen eng einbinden, gute und ausgewogene Entscheide zu treffen. Ich möchte Teil dieser Lösung sein und ich bin überzeugt, viele Winterthurer wollen einen Neuanfang und werden mich dabei unterstützen, sei es im Stadtrat oder im Gemeinderat, wo die Piraten diesmal mit einer langen Liste fähiger Kandidaten antritt.